Die Netzhaut erzeugt mit ihren etwa 130 Millionen Sinneszellen die Bilder, die über den Sehnerv an das Gehirn weitergeleitet und wahrgenommen werden. Krankheiten der Netzhaut können ganz unterschiedliche Ursachen haben, oft jedoch sind Störungen des Stoffwechsels oder Schädigungen der versorgenden Blutgefäße beteiligt.
Besonders häufig treten die Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) sowie die diabetische Retinopathie auf.
Eine Makuladegeneration liegt vor, wenn Sehzellen am Ort der schärfsten Sehens, der Makula, im hinteren Bereich des Auges zerstört werden. Im Verlauf der Krankheit kommt es zu einem fortschreitenden Sehverlust im zentralen Gesichtsfeld. Details erscheinen immer verzerrter, Kontraste und Farben verblassen. Am häufigsten tritt die Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) auf, bei der eine trockene und eine feuchte Variante unterschieden werden.
Ein Großteil der Betroffenen, etwa 85 Prozent, leidet an der trockenen Makuladegeneration. Dabei bilden sich zu Beginn Ablagerungen, Abfallprodukte aus dem Stoffwechsel, unter der Netzhaut, die im weiteren Verlauf zu flächigen Netzhautveränderungen führen. Diese langsam fortschreitende Krankheit beeinträchtigt die Sehkraft anfangs kaum, erst in der Spätform macht sie sich durch einen Verlust der örtlichen Sehfunktion bemerkbar.
Eine Therapiemöglichkeit für die trockene AMD gibt es bislang nicht. Mit speziellen Nahrungsergänzungsmitteln (sog. AREDS 2 Medikamenten) kann ein Fortschreiten in manchen Fällen zum Teil verhindert werden.
Wesentlich aggressiver als die trockene Form verläuft die feuchte Makuladegeneration. Dabei lagert sich Flüssigkeit in der Netzhaut ab, die durch die Bildung neuer poröser Blutgefäße verursacht wird. Blutungen, Schwellungen sowie Narbenbildungen können die Folge sein. Die feuchte AMD schreitet rasch voran und geht mit einem irreversiblen Sehverlust einher. Plötzlich auftretende Verzerrungen sind erste Warnsignale. Wird die Krankheit rechtzeitig diagnostiziert, kann das Fortschreiten, etwa durch Medikamenteneingabe in den Glaskörper, gestoppt oder verlangsamt werden.
Die diabetische Retinopathie ist eine Netzhauterkrankung, von der Diabetiker betroffen sein können. Der erhöhte Blutzuckerspiegel schädigt mit der Zeit die kleinen Blutgefäße in der Netzhaut. Diese sterben ab, so dass in der Folge die Netzhaut nicht mehr genügend mit Sauerstoff und anderen Nährstoffen versorgt wird. Es besteht das Risiko der Erblindung, wenn die Erkrankung nicht erkannt wird.
Je früher die Diagnose gestellt wird und je eher die Behandlung einsetzt, umso besser sind die Erfolgsaussichten. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind bei Diabetikern unbedingt ratsam. Neben Diabetes-Typ und Dauer der Erkrankung spielen für das persönliche Risiko, eine diabetische Retinopathie zu entwickeln, auch Faktoren wie Blutdruck- und Blutzuckereinstellung, genetische Veranlagung sowie der individuelle Lebensstil eine Rolle.
Um Netzhauterkrankungen in einem frühen Stadium diagnostizieren zu können, ist es wichtig, dass sich Betroffene an einen Augenarzt wenden, sobald sie ein verändertes bzw. verschlechtertes Sehen bemerken.
Ein Sehtest sowie eine Gesichtsfelduntersuchung sind häufig sehr aufschlussreich, um erste Erkenntnisse zu gewinnen. Liegt vermutlich eine Erkrankung der Makula vor, ist die Durchführung des sogenannten Amsler-Gitter-Tests indiziert. Dabei können Patienten z. B. feststellen, ob sie Linien gerade oder verzerrt sehen bzw. ob sich Schatten auf das Bild legen.
Ebenfalls obligatorisch, um einen ersten Eindruck von der Beschaffenheit der Netzhaut zu erhalten, ist die Untersuchung mit der Spaltlampe.
Mit dieser modernen, berührungsfreien Untersuchungstechnik kann die Netzhaut genau vermessen werden. Das detaillierte Bild, das die OCT erzeugt, stellt die verschiedenen Zellebenen und eventuell vorhandene Flüssigkeit in der Makula dar. Mithilfe von Laserlicht werden in hoher Auflösung die Schichtung der Netzhaut und die Dicke des Gewebes abgebildet. Insbesondere auch für Verlaufskontrollen ist dieses Verfahren hervorragend geeignet.
Zur Behandlung von feuchter AMD wie auch von diabetischer Retinopathie steht mit der intravitrealen operativen Medikamenteneingabe (IVOM) eine moderne Therapieform zur Verfügung, mit der große Erfolge erzielt werden können. Dabei werden sogenannte Anti-VEGFs (Anti-Vascular Endothelian Growth Factors) in den Glaskörper des Auges injiziert. Der Wirkstoff dieser Medikamente hemmt die Neubildung von Gefäßen.
In der Regel wird die IVOM ambulant unter Lokalanästhesie und sterilen Bedingungen vorgenommen. Mit einer sehr dünnen Nadel werden die Anti-VEGFs in den Glaskörper eingebracht, der als Depot fungiert. Über mehrere Wochen wird der Wirkstoff nach und nach an Netzhaut und Aderhaut abgegeben. Meist sind Wiederholungen der Behandlung erforderlich.
Die diabetische Retinopathie lässt sich manchmal mit einer Lasertherapie behandeln. Dabei werden mit dem Laser gezielt Narben an der Netzhaut verursacht und bereits krankhaft veränderte Netzhautareale vernarbt. Den noch gesunden Netzhautbereichen steht dadurch mehr Sauerstoff zur Verfügung.
Dr. Michael Simon
Dr. Georg Hanselmayer
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